Sonntag, 21. November 2010

Kraftwärme-Kopplung / Eindrücke von der KWK-Impulstagung in Bingen

Am 28.10.2010 fand die 4. Implustagung des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung in Bingen statt.

Die Vorträge drehten sich um
  • Praxisberichte
  • Vergütung und Förderung
  • Technologie von dezentralen KWK-Anlagen
  • Ökologische und Ökonomische Aspekte
Besonders interessant war, dass auch Kritiker eingeladen waren und sich dadurch spannende und informative Diskussionen ergaben.

KWK-Anlagen gibt es schon lange in Form von GuD-Kraftwerke, die zusätzlich Wärme in ein Fernwärmenetz einspeisen. Mich interessieren inbesondere dezentrale Kleinanlagen (BHKW) mit 2-8 KW elektischer und 5-20 KW thermischer Leistung, wie beispielsweise dem Dachs.

Hier meine Eindrücke von der KWK-Tagung zu dieser Art von Analgen:

1. Betriebswirtschaftliche Betrachtung

Die Anlagen sind für Gebäude dimensioniert, die von September bis April einen kontinuierlichen Wärmebedarf von mehr als 10-15 KW und einen kontinuierlichen Stromverbrauch von mehr als 2-3 KW haben. Dies ist z.B. bei Gewerbebetrieben oder Mehrfamilienhäusern der Fall.
Investitionsvolumen ca. 20'000 Euro. Der Spitzenwärmebedarf im Winter wird mit Gasbrennwert gedeckt. D.h. das BHKW läuft wärmegeführt und ist so klein dimensioniert, dass die Anlage kontinuierlich läuft, damit sie die Investitionskosten einspielt.

Ins öffentliche Netz eingespeister Strom wird mit 8-12 Cent/KWh vergütet (5,11 Cent KWK-Förderung plus Einspeisevergütung). Dies ist 1-3 Cent/KWh höher als der Gaspreis und somit nicht viel mehr als kostendeckend.

Der Gewinn wird dadurch gemacht, dass
  • ein möglichst hoher Anteil des Stroms selbst verbraucht wird
  • die KWK-Anlage Non-Stop von September bis April laufen kann
Dafür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
  • kontinuierlicher hoher Stromverbrauch (z.B. Wohnanlage mit 20 Einheiten, deren Grundverbrauch m.E. mindestens 50% der Erzeugung verbraucht)
  • kontinuierlicher hoher Wärmebedarf. Dies wird dadurch erreicht, indem man die KWK-Anlage sehr stark unterdimensioniert, so dass sie ständig laufen kann und die Zusatzwärmebedarf durch Gasbrennwert abgedeckt wird.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine KWK-Anlage eine Gelddruckmaschine: auch der eigenverbrauchte Strom wird mit 5,11 Cent vergütet. Hinzu kommen ca. 20 Cent für eingesparten Strombezug vom Energieversorger. Dies ergibt einen Ertrag von 25 Cent/kWH bei Energiekosten von rund 7 Cent und Wartungskosten von rund 2 Cent/KWH.

Es wurden Modelle vorgestellt, wie die Wärmelieferung sowie Stromlieferung an die Nutzer abgerechnet werden können und welche vertraglichen Optionen und Besonderheiten es gibt.

Mini-BHKW mit 1-3 KWel. sind derzeit in der Erprobung und teilweise schon auf dem Markt. Die Investitionskosten liegen bei 5000-7000 Euro. Damit wird eine Wirtschaftlichkeit bei 2-5 Familienhäuser oder kleineren öffentlichen/Bürogebäuden erreicht.


2. Ökologische Betrachtung

Gegenüber der getrennten Erzeugung von Strom (in Großkraftwerken) und Wärme (in dezentralen Heizungen) haben dezentrale BHKW den Vorteil, dass die Abwärme, die bei der Stromerzeugung zu mindestens 50% abfällt direkt zur Heizung des Hauses genutzt werden kann. Teure und verlustbehaftete Fernwärmenetze entfallen.
Auch der Strom wird dort erzeugt, wo er verbraucht wird, so dass die Übertragungsnetze entlastet und Transformationsverluste vermieden werden.

Gas-BHKW erzeugen weniger CO2 und schädlichen Ausstoß als der deutsche Strommix, der im wesentlichen durch Kohle geprägt ist.


3. Volkswirtschaftliche Betrachtung

Hier gibt es Kritik an der dezentralen BHKW:
  1. Erdgas-BHKW sind nicht regenerativ; d.h. es werden i.d.R. fossile Brennstoffe verbrannt
  2. BHKW werden gefördert und erzeugen den Strom auch dann, wenn ihn niemand braucht (z.B. Überkapazitäten durch Windkraft bei starkem Wind) und schalten sich ggf. genau dann ab, wenn der Strom wegen Flaute und Wolken aus den regenerativen ausbleibt. D.h. BHKW sind nicht regenerativ, werden gefördert, aber tragen nicht zur Netzstabilisierung bei und entziehen sich den Gesetzen des Strommarktes
  3. BHKW sind nicht effizienter als Großkraftwerke in Verbindung mit dezentralen Wärmepumpen
  4. BHKW erzeugen billigen Strom und billige Wärme. Nach einer solchen Investition lohnen sich Investitionen in Wärmedämmung bzw. Reduzierung des Stromverbrauchs eines Hauses nicht mehr.
  5. Großkraftwerke sind in Anschaffung und Betrieb günstiger als eine entsprechende Anzahl von BHKW mit gleicher Leistung.
Folgende Gegenargumente kann man zu diesen 5 Punkten anbringen:
  1. Stimmt. Aber wir werden eine gewisse Menge an sauberen Gas-BHKW brauchen, um zum einen schmutzige Kohlekraftwerke rasch stilllegen zu können und auch flexibel auf die Schwankungen der regenerativen Energiequellen reagieren zu können. D.h. es handelt sich um eine relativ saubere Brückentechnologie und eine gute Ergänzung zu den Schwankungen der regenerativen Erzeuger
  2. Stimmt. Es ist dringend erforderlich, das BHKW am Strommarkt teilhaben. Wärme aus BHKW lässt sich für Stunden oder bis zu 1-3 Tage in relativ kleinen und billigen Wassertanks speichern. Das BHKW könnte daher stromgeführt arbeiten und helfen Stromerzeugung und Produktion im Gleichgewicht zu halten. Dafür müssen mehrere BHKW zusammengeschaltet werden, wie dies die TSB mit virtuellen Kraftwerken bzw. Lichtblick mit Schwarmstrom untersucht.
  3. Stimmt nur theoretisch: Großkraftwerke erreichen 35-50% Wirkungsgrad. Stromwärmepumpen holen aus 1 KWh Strom ca. 3-4 KWh Wärme. Das heißt man erreicht damit vielleicht 150-200% Gesamtwirkungsgrad. Ein BHKW erzeugt 30% Strom und 70% Wärme und schafft damit nur knapp 100% Wirkungsgrad. Diesen Vergleich kann man so aber nicht machen: Das BHKW erzeugt Strom, den wir dringend brauchen. Die Kette aus Großkraftwerk und Wärmepumpe erzeugt nur Wärme. Wenn das Großkraftwerk statt dessen Strom erzeugt den wir für Licht, Computer, Motoren nutzen, so ist der Wirkungsgrad 35-50% und mehr nicht. Das ist 50% schlechter als das BHKW. Und das ist der Standardfall!
  4. Es ist wesentlich besser, ein Niedrigenergiehaus zu bauen, Strom zu sparen und Photovoltaik und Sonnenkollektoren zu nutzen. Wir haben aber eine große Anzahl an Häusern, die sich nicht in Niedrigenergiehäuser umbauen lassen, z.B.: Mietshäuser ohne Fußbodenheizung, Stadthäuser ohne Südausrichtung, Gebäude mit Klinker-Fassade etc. Es ist daher sinnvoll, diese Bauwerke für die nächsten 100 Jahre mit BHKW auszustatten um die Netzstabilität zu sichern und Kohlekraftwerke abzuschalten.
  5. Das ist der Preis des Umweltschutzes und der Energieeinsparung. Wind, Wasser, Sonne und BHKW müssen redundant aufgebaut werden, da sie sich immer nur ergänzen. Wir müssen ein vielfaches der benötigten Gesamtleistung aufbauen, weil jede Technologie nur zu einem bestimmten Zeitpunkt Ihren Beitrag leistet. Und viele Anlagen in der Fläche sind aufwendiger als wenige Großanlagen. Aber hier gilt es, diese Kosten möglichst stark durch langlebige und hochautomatisierte Lösungen niedrig zu halten.
Der Grund, warum so heftig gegen dezentrale BHKW diskutiert wird ist laut einem der Vorträge, dass sie viele Gegner im Markt haben:
  • die Stadtwerke, die selbst Strom/Wärme erzeugen möchten
  • die Energieversorger, die ihren Strom verkaufen möchten
  • die Stromkonzerne, die Wettbewerb im Markt für Regelenergie fürchten

1 Kommentar:

  1. Lichtblick ist nun endlich gestartet:

    http://www.lichtblickblog.de/2010/11/24/erste-zuhausekraftwerke-laufen-in-hamburg/
    Roland, Danke für den Link.

    Lichtblicks Zuhausekraftwerke finde ich sehr interessant für Mehrfamilienhäuser u.a., da das Betriebsrisiko und die Steuerung/Wartung komplett bei Lichtblick liegt.
    Der Strom wird an der Strombörse als Regelenergie vermarktet, so dass eine wertvolle Ergänzung zu den Schwankungen der regenerativen Energien auf umweltfreundliche Art geleistet wird. Die teilweise hohen Kosten und Gewinne der Übertragungsnetzbetreiber für die Regelenergie werden dadurch reduziert.

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